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Roland Hohlbaum kommt vom Tachismus her. Hier in der Ausstellung sehen Sie aktuelle Bilder in Öl auf Leinwand, die weitestgehend als Landschaften gelesen werden können und in Teilen sowohl gegenständlich als auch abstrakt angelegt sind.
Außerdem zeigt der Künstler kleine Tuschebilder aus den letzten drei Jahren, die um das Thema Stadt kreisen und sich deutlich ablesbar auf Berlin beziehen oder auch auf La Gomera entstanden. Sie sind mit spezieller Tusche auf Fotodruckpapier gearbeitet, ähnlich dem Aquarell aufgetragen, wobei sich im Malprozess die Farbe wasserunlöslich mit der Papieroberfläche verbindet. Eine Korrektur wird dadurch nahezu unmöglich. Die Spontaneität des Wirklichkeitszugriffs ist ihnen anzusehen.
Gleich hier in der Eingangszone überrascht uns Hohlbaum mit furiosen Akkorden. Es sind Hochdruckgebiete malerischer Freude. Man sieht, wie der Künstler sich geradezu die Seele aus dem Leib gemalt hat, wie er erst Strukturen in Öl geknetet, einen Reliefgrund angelegt, dann geschabt, gekratzt, die Leinwand mit Ästen und Fußabtretern malträtiert hat, um ein Höchstmaß an Tastbarkeit, eine Material-Landschaft zu gestalten, die uns nicht nur bis in den Augenhintergrund heimleuchtet, sondern tatsächlich unsere Fingerspitzen prickeln lässt, dass man am liebsten in den Malschlamm greifen und sich von dieser Gute-Laune-Malerei umarmen lassen möchte.
Es ist dieses Gefühl driftender Pinsel-Grooves unter einer bevorzugt grellen, in Neon-Töne gleitenden Farbigkeit, die einen anspringt. In Sekundenschnelle ist man auf Betriebstemperatur – oder, wem das nicht behagt, abgetörnt auf Maxi-Distanz-Niveau.
Solch eine Malerei genießt man als wunderlich erfüllte Gegenwart oder fühlt sich schlicht und einfach vertrieben Kraft eines unbändigen Malerpranken-Infernos.
Hohlbaum zieht tatsächlich alle Register. Er kann springen und tanzen, wie es ihm gefällt, er wahrt die Form. Rein ästhetisch lebt er expressiv nach innen. Was kein Widerspruch ist, eher von hohem Energiepotential und malerischer Lust zeugt. Der Dreiklang, der uns in dieser aufrauschenden Schwelgerei umgibt, trägt die Titel „Entladung“, „Königskobra“ und „Abendhitze“. Es ist ein ekstatisches Hin und Her zwischen Gewitterfront-Erleben, Nebel-Gefühlen und Hitze-Koller – bruchlos mehrsätzig angelegt und variantenreich weitergeführt durch die anderen Bilder seiner aktuellen Produktion.Wir bekommen Landschaften vorgeführt, die sich aus innerem Erleben nähren und gleichzeitig Entsprechungen zu Gesehenem haben.
Hohlbaum schöpft aus sich. In dem Hochdruckmodus, in dem er arbeitet, stellt er das Romantische und Idyllische in Frage. Er reflektiert den Einfluss des Menschen auf die Natur, beleuchtet die Bedrohung der Natur und zugleich deren Widerstand und Wehrhaftigkeit. Es gibt zwischen den Keilrahmen dicht orchestrierte, vielstimmige Klangflächen und wir werden erzählerischer Momente ansichtig, die Andeutungen von Urbanem, eingebaute Assistenzfigürchen sowie Tiere als Verweiszeichen implizieren.
Es ist eine Intimität im größten Maßstab, aber sie funktioniert
(c) Christoph Tannert, Ansprache zur Ausstellung Galerie Tammen & Partner
Roland Hohlbaum bewegt sich mit seiner Kunst, der Malerei,. in einem Bereich, der zwischen abstraktem Expressionismus und der figurativen Malerei immer wieder zusammenstößt. Er versucht, Ordnung einzuführen, wird dabei zum Erzähler tachistischer Formeln, die sich mit der gestischen Abstraktion von Figuren immer weider zu einem Szenarium zusammenfinden. Emotion und malerisches Kalkül, aber auch eine fordernde Ehrlichkeit ist in seinen Bildern zu spüren.
Erika Lippki
…Während in seinen früheren arbeiten der realistische Bezug am fertigen Bild noch recht deutlich erkennbar war und die Wandlung des Dargestellten vom Betrachter in der zeitlichen Abfolge der Übermalungen - bedingt durch die damals noch stärkere Farbigkeit - weitgehend nachvollzogen werden konnte, ist dies bei den hier […] gezeigten “neuen” Bildern der letzten Werkphase nicht mehr der Fall. Die frühere starke Farbigkeit ist zurückgetreten zugunsten einer sehr differenziert abgestimmten Grundtonigkeit mit äußerst sensibler Nuancierung. Inhaltlich gelangt Roland Hohlbaum durch malerische Reduktion zu einer verinnerlichten Abstraktheit, einer Reduktion auf das Wesentliche. Was in den “neuen” Bildern bleibt sind Spuren der Realität, die über die Abbildung hinausdeuten und das geistige der Realität ausmachen, nämlich das, was gerade nicht vergänglich ist.
Dr. Klaus Berner, Vorwort zum Ausstellungskatalog des Kunstvereins Salzgitter